Erfahrungsbericht Felix
Felix
Von anfänglichen Schwierigkeiten zum Traumjob in Australien
Hi, ich bin Felix (18). Von vornherein muss ich sagen, dass meine sieben Monate lange Reise in Australien nicht immer von Erfolg, sondern auch von vielen kleinen und größeren Problemen gekennzeichnet war. Mein Kumpel Kevin (18) und ich waren mehrmals kurz davor, das Handtuch zu schmeißen und unseren Aufenthalt abzubrechen, taten es glücklicherweise aber doch nicht.
Mit der Planung für unseren Work and Travel Aufenthalt begannen wir schon im Winter 2015. Eigentlich sollte uns das genug Zeit verschaffen, bevor wir unsere Reise im Juli 2016 starten wollten. Doch selbst da gab es schon kleinere Komplikationen. Beim Ausfüllen der wichtigen Unterlagen gab es z. B. kleinere Verständnisprobleme. Wir waren beide nie die besten Schüler im Fach Englisch, und deshalb überkamen uns Zweifel, wie es wohl in Australien werden würde, wenn wir jetzt schon Schwierigkeiten hatten. Doch wir waren uns einig. Wir wollten nach Australien!
Und wir taten es. Am 5. Juli 2016 ging unser Flieger über Abu Dhabi nach Brisbane, wo wir am Donnerstag dem 7. Juli 2016 von einer netten Dame empfangen wurden, die sich als Mitarbeiterin der Trainingsfarm entpuppte. Als alle Backpacker angekommen waren, welche mit uns zur Trainingsfarm sollten, fuhren wir zusammen nach Noosa, einer kleinen Stadt an der Sunshine Coast, nördlich von Brisbane. Hier blieben wir für drei Tage, um uns zu akklimatisieren und kennen zu lernen. Wir verstanden uns auf Anhieb gut mit den anderen. Unsere Gruppe bestand aus vier Deutschen, einer Engländerin, einem Kanadier, einer Inderin und einem Mädchen aus Neuseeland. Wir amüsierten uns sehr gut, gingen abends in Clubs und tagsüber Wandern und Quad fahren. Am Montagmorgen wurden wir dann wieder abgeholt und fuhren zur Trainingsfarm. Dort angekommen wurden wir herzlich empfangen und begannen gleich mit dem Training. Wer keine Erfahrung mit Motorrad oder Traktor fahren hatte, konnten jetzt lernen, wie das geht. Wir bekamen den Umgang mit Kettensägen gezeigt, machten Reitstunden, fütterten die Schafe, Hunde und Pferde und lernten diverse andere Dinge, die man für das Leben auf einer Farm braucht.
Nach dieser Trainingswoche und der Auswahl der Jobs ging es sofort los. Kevin und ich fuhren zurück nach Brisbane, übernachteten für eine Nacht in einem leider dreckigen Hostel und beschlossen dann, die nächste Nacht lieber auf dem Flughafen zu verbringen, weil es dort sauberer und leiser war. Wie ihr seht, kann man bei der Hostelsuche auch ganz schön daneben greifen … Aber das tat uns keinen Abbruch. Voller Begeisterung und Euphorie flogen wir nach Sydney, um von dort mit dem Zug zu unserem ersten Job zu reisen. Den hatten wir uns allerdings anders vorgestellt.
Am Telefon hatten wir verstanden, dass wir auf einer Pferdefarm arbeiten würden, dachen aber, es würde sich dabei um eine Farm wie die Trainingsfarm handeln und nicht um eine Pferdefarm für Rennpferde, die natürlich komplett anders aussah. Wir mussten zum Einkaufen oftmals ein Taxi nehmen, da der Weg zu weit war und keine eigenen Fortbewegungsmittel zur Verfügung standen. Der versprochene Handyempfang war zwar da, aber nur minimal. Das W-Lan, welches wir nach langen Diskussionen und harter Arbeit wiederbekamen, stand anfangs nicht zur Verfügung, da vorherige Backpacker es mehrmals mit dessen Nutzung übertrieben hatten. Am Ende bekamen wir es immer für unsere Mittagspause und mussten es anschließend wieder abgeben. Eigentlich hätten wir es gar nicht gebraucht, aber wir wollten halt auch ab und zu mal Nachrichten nach Hause schicken, was ohne W-Lan, schwierig gewesen wäre.
Unsere Arbeitszeiten gingen von früh um 05:00 Uhr bis nachmittags 17:00 Uhr, mit einer Mittagspause von 11:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Wir wohnten in einem eigenen kleinen Haus, mussten für uns selbst kochen und alles selbst erledigen. Das Leben ohne die Hilfe der Eltern hatte begonnen. Wir mussten jeden Tag mit der Arbeitszeit überziehen, da wir nicht alles schafften, und der Manager war auch nicht immer nett. Wie ihr euch denken könnt, war die Enttäuschung im ersten Moment sehr groß, aber im Endeffekt gar nicht so schlimm. Zur Lösung aller Probleme bekamen wir Hilfe von Heike Andryk, Anne Stewart und auch von den Leuten von der Trainingsfarm.
Nachdem wir uns schnell eingearbeitet hatten, hatten wir auch viel Spaß und fanden gute Freunde aus England und Deutschland. Nach und nach verstanden wir uns auch mit dem Manager immer besser. Unsere Aufgabe auf der Farm bestand darin, Pferdeställe auszumisten, die Scheunen sauber zu halten, die Pferde zu füttern und uns um die Paddocks zu kümmern, so dass ankommende Gäste eine gepflegte Farm vorfanden.
Nach unseren zwei Monaten Arbeit auf dieser Pferderennbahn wurden wir von Chef und Manager verabschiedet, stiegen in den Zug und fuhren zurück nach Sydney. Dort trafen wir uns mit den Freunden, die wir auf der Farm kennen gelernt hatten und reisten nach Cairns. Dort hatten Kevin, Ed, Katharina, Ankathrin und Ich sehr viel Spaß. Wir gingen Tauchen, sprangen mit Fallschirmen aus einem Flugzeug, machten Wildwasserrafting, wanderten durch den Regenwald und gingen auf wilde Partys. Nach einer Weile verließen uns erst Ed, der zurück nach England ging, und dann die Mädchen, da sie zurück in Deutschland studieren wollten.
Nun waren Kevin und ich wieder allein und nach einem Monat Urlaub in Cairns ziemlich arm. Wir beide hatten knapp 1.000 Australdollar übrig, um zu überleben und zu einem nächsten Job zu gelangen. Das mag im ersten Moment ausreichend klingen, ist aber verdammt wenig, da Australien im Gegensatz zu Deutschland sehr teuer ist. Auch hier benötigten wir wieder die Hilfe von der Trainingsfarm und fragten nach einem neuen Job.
Wir kontaktierten den Chef von der Trainingsfarm und hielten auch Anne und Heike auf dem Laufenden. Von Will, dem Trainingsfarm-Chef, bekamen wir die Anordnung, zurück nach Brisbane zu kommen und dort weiter zu sehen. Das taten wir und blieben auch weiterhin in Kontakt. Für Kevin war klar, er wollte zurück zu unserem ersten Job und rief den Manager an. Er bekam den Job und ließ mich in Brisbane alleine, um dort hin zu gelangen. Alle waren froh ihn wieder zu haben, da er dort als einer der besten Arbeiter wieder angestellt wurde und auch gleich eine Gehaltserhöhung bekam. Und so kam es, dass wir uns 14.000 km entfernt von Deutschland trennten. Wir sollten uns nach drei Monaten wieder treffen und uns viel zu erzählen haben.
Während Kevin zu seinem Job reiste, wartete ich auf eine Jobbestätigung von Will. Die Antwort brauchte nicht lange auf sich warten. Ich sollte von Brisbane nach Perth und von dort in die Mitte Australiens – ins Outback. Mein Traum von Australien wurde war.
Die Fahrt zur Station dauerte zwei unbequeme Tage, doch als ich dort ankam, waren alle Schmerzen des langen Sitzens und die Schlaflosigkeit vergessen. Es war wunderbar. Genau so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Eine Farm irgendwo im Nirgendwo, dafür aber eine der größten Schaffarmen der Welt mit über 60.000 Tieren. Der Manager und seine Frau nahmen mich herzlichst in Empfang, sprachen kurz über das zu erwartende Umfeld, das Team, die Station und meine Aufgaben, und schon ging es los. Wir fuhren zum Rest des Teams, in einen der Paddocks und fingen an zu arbeiten. Meine Aufgabe bestand darin, die Schafe durch ein von Zäunen eingerahmtes sehr kleines Gebiet zu den Scherern zu treiben. Ben, ein junger Mann, der eine Woche vor mir hier angekommen war, half mir dabei. Es machte sehr viel Spaß.
Einen großen Beitrag zu unserem Wohlbefinden haben wir natürlich auch der Trainingsfarm, Heike Andryk und Anne Stewart zu verdanken, da sie uns immer wieder unterstützten und uns Mut zusprachen weiterzumachen, selbst wenn es mal nicht so lief, wie wir es uns vorgestellt hatten.
April 2017